Als aber der Hauptmann sah, was geschah, verherrlichte er Gott und sagte:
»Wirklich, dieser Mensch war gerecht.«
Lukas 23,47
Als Napoleon über die Auswirkung seines Lebens nachdachte und sie mit dem Gekreuzigten verglich, kam er zu folgenden Schluss:
„Dies ist es, was ich am meisten bewundere und was mir die Göttlichkeit Christi unbedingt beweist: Ich selbst habe Massen zu begeistern vermocht, die für mich in den Tod gingen. Aber doch war meine Gegenwart nötig, der elektrische Funke meines Blickes, meine Stimme. Sicherlich besitze ich das Geheimnis jener magischen Kraft, welche die Menschen hinreißt, aber ich kann es auf keinen anderen übertragen, keinem meiner Generäle habe ich es mitteilen können. Auch besitze ich nicht das Geheimnis, meinen Namen und die Liebe zu mir in den Herzen der Menschen zu verewigen, um dort Wunder zu schaffen. So war es auch mit Cäsar und Alexander. Im Grunde werden wir vergessen, und der Name eines Eroberers bleibt nur das Thema für eine Schularbeit. Welche Kluft ist zwischen meinem Elend und dem ewigen Reich Christi, der geliebt, angebetet und gepredigt wird in der ganzen Welt! Das eben ist der Tod Christi: nicht der Tod eines Menschen, sondern eines Gottes.“
Gott leidet und stirbt an einem Kreuz. Warum leidet und stirbt er am Kreuz?
› Am Kreuz, weil auf der Erde kein Platz für ihn war. Am Kreuz, weil die Menschen ihre größte Verachtung und ihre Rebellion ihm gegenüber zum Ausdruck bringen.
› Am Kreuz, weil die Menschen das Licht das in die Welt gekommen war hassten, denn ihre Werke waren böse.
› Am Kreuz, weil eben an diesem Tag, an diesem Ort, in diesen Stunden ein anderer Mensch mitgekreuzigt wurde, der Gnade brauchte. Und auch um diesen einen Menschen zu retten, lässt er sich an ein Kreuz nageln.
› Am Kreuz, weil der Schuldbrief der Sünde nur mit unschuldigen und ewig wertvollen Blut bezahlt werden konnte.
› Am Kreuz, weil es Gottes Weisheit ist, durch die Torheit der Predigt vom Kreuz den zu erretten, der glaubt.
Das Kreuz wird zum Mittelpunkt einer weltverändernden Verkündigung. Das Kreuz und die Leiden Jesu die dort sichtbar werden verändern vom ersten Tag an Menschenleben.
Aber das Kreuz wird auch vom ersten Tag an abgelehnt und in Frage gestellt.
„Da es nun schon viele unternommen haben, einen Bericht von den Ereignissen zu verfassen, die sich unter uns zugetragen haben, wie sie uns die überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind, hat es auch mir gut geschienen, der ich allem von Anfang an genau gefolgt bin, es dir, hochedler Theophilus, der Reihe nach zu schreiben, damit du die Zuverlässigkeit der Dinge erkennst, in denen du unterrichtet worden bist.“
Luk. 1, 1-2
Mit diesen Worten beginnt der Evangelist Lukas sein Evangelium von Jesus Christus. Und damit macht er deutlich, obwohl schon viele, allen voran Augenzeugen, das Leben, die Ereignisse und den Tod von Jesus aufgeschrieben und verbreitet haben, nach wie vor eine gewisse Skepsis und Argwohn vorherrschte. Lukas schrieb, damit sein Leser die Zuverlässigkeit der Dinge beim Lesen und Nachdenken, erkennt. Sein wichtigstes Anliegen war nicht einfach einen weiteren Bericht über die geschehen Ereignisse zu schreiben, sondern darüber hinaus zu zeigen, das Jesus, „der Sohn des Menschen gekommen ist, zu suchen und zu retten, was verloren ist.“ (Luk. 19, 10). Darum hat er auch an vielen Stellen die Ereignisse aufgenommen, die diese Absicht von Jesus betonen.
Obwohl diese Absicht des Menschensohnes das ganze Evangelium durchzieht, wird sie nirgendwo sonst so deutlich wie am Kreuz. Denn das Kreuz zeigt uns die Bereitschaft von Jesus Schmerzen zu erleiden für andere, damit sie gerettet werden. Lukas 23, 33-49.
Lukas beschreibt am Verhalten und dem Erdulden von Leiden, Jesu Heilsabsichten mit den Menschen, in den Stunden an denen sie ihn am meisten verletzten, ihn verspotteten, ihn in seinen Todesstunden noch vor seinen Augen seine Kleider verteilen, ihn von allen Seiten nur Verachtung entgegen brachen. Wir finden kein anklagendes Wort aus seinen Mund, sondern im Gegenteil sogar ein Bittgesuch um Vergebung für seine Feinde. Noch ein letztes Mal streckt er seine Hand aus um noch einmal einen sterbenden Menschen zu retten. Eine Schächergnade der letzten Stunde, und noch einmal streckt er sich nach seinem Vater aus um im vollkommenen Frieden mit ihm aus diesem Leben zu scheiden. Detailliert beschreibt der Evangelist die Reaktion der Menschen gegenüber dem Kreuz. Eine blutrünstige Volksmenge, spottende Oberste, Soldaten die ihre Späßchen machten, ein Mitgekreuzigter, der ins gleiche Horn stößt, eine schaulustige Menge, die unverhohlen lästert und gafft bis … ja bis der Mann in der Mitte nicht mehr am Leben ist.
Man kann beinahe das Schweigen hören, als es vorbei ist. Beschämung breitet sich aus. Ein klangloses Verlassen des Ortes, jeder schleicht sich mit gesenkten Kopf, hängenden Schulter und an die Brust sich schlagend davon.
Noch einmal lässt Lukas einen Augenzeugen zu Wort kommen, Lukas 23,47: „Als aber der Hauptmann sah, was geschah, verherrlichte er Gott und sagte: Wirklich, dieser Mensch war gerecht.“ Im Markus- und Matthäusevangelium finden wir eine weitere Aussage dieses Mannes und derer, die bei ihm waren: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn!“
Das Kreuz veränderte die Einstellung des Hauptmannes und der Soldaten zu Jesus, als sie aus nächster Nähe sahen, wie er gestorben war. Da mussten sie erkennen, das so kein Verbrecher stirbt, das so kein schuldiger Mensch stirbt, das so überhaupt kein Mensch stirbt. So stirbt nur der Sohn Gottes oder jemand der vollkommen gerecht ist! Matthäus erwähnt, das sie sich bei dieser Aussage sehr gefürchtet haben. Die Veränderung kam erst mit dem Tod Jesu. Bis dahin sehen wir die Soldaten nur spottend, ab da aber waren sie sehr geängstigt. Anstatt weiter zu spotten, sehen wir als einer der ersten Menschen, den Hauptmann, der als erstes Gott mit seinen Worten verherrlicht, indem er anerkennt, das Jesus der Sohn Gottes ist. Das bedeutet nicht, dass er zu diesem Zeitpunkt errettet war oder sich hier bekehrte. Lukas und die anderen Evangelisten erwähnen ihn nicht mehr, – aber es bedeutet, dass seine Einstellung zu Jesus sich grundlegend geändert hat, und dass muss sie, bevor ein Sünder zum Glauben kommt. Zuerst muss sich seine Sicht auf Jesus und auf das Kreuz von Jesus verändern.
Im Vers 48 beschreibt Lukas die Reaktion der Volksmengen nach dem Tod Jesu und auch bei ihnen wurde ihre Einstellung zu Jesus verändert: „Und all die Volksmengen, die zu diesem Schauspiel zusammengekommen waren, schlugen sich als sie sahen, was geschehen war, an die Brust und kehrten zurück.“
Die Menschen waren gekommen um sich ein Schauspiel anzusehen, um zu lachen und zu scherzen, zu spotten und sich lustig zu machen. Sie waren gekommen, um sich an dem Leid und Schmerzen von einem Sterbenden unterhalten zu lassen und sich zu amüsieren. Bis heute haben die Menschen sich nicht verändert. Gerade in unserer Zeit werden Millionen in Schauspielen, in Film und Fernsehen abgeschlachtet und die Menschen lassen sich davon unterhalten. Aber hier hören die Menschen, die Worte des Hauptmanns. In ihrem Innern spüren sie, dass er recht hat. Das Gewissen meldet sich bei ihnen und sie schlagen sich an die Brust, was bedeutet, sie bereuen ihr falsches Benehmen, sie bereuen ihre Schaulust und ihren Spott. Unabsichtlich werden sie sogar Augenzeugen der dunkelsten Stunden der Menschheitsgeschichte, ja sie sind selbst ein Teil davon und stehen für Millionen und Abermillion andere, die genauso zu Jesus stehen. Aber diese Volksmenge hatte gesehen, wie er gestorben war, mit wieviel Liebe und mit wieviel Opferbereitschaft. Die Art und Weise wie er gestorben war, überführte sie ihrer Sünden und bewirkte nicht nur eine körperliche Umkehr, sondern vor allem eine innere. Hier wird durch die Art und Weise wie Jesus gestorben ist, das gepflügt, was ein paar Wochen später an Pfingsten geerntet wurde. Denn vielen von diesen Menschen, die hier unter dem Kreuz standen und sich so schändlich benommen haben, nahmen an Pfingsten, Jesus als ihren persönlichen Herrn und Erretter an.
Und schließlich beendet Lukas den Bericht von der Kreuzigung mit Vers 49: „Aber alle seine Bekannten standen weitab, auch die Frauen, die ihm von Galiläa nachgefolgt waren, und sahen dies.“
Nun könnte man verschiedenes darüber denken, das die Bekannten und Freunde weitab standen. Hätten sie nicht in seiner Nähe sein sollen, hätten sie ihn nicht verteidigen sollen oder ihr Mitgefühl ausdrücken? Der Versuch Jesus vor den Soldaten zu verteidigen, ging bei Petrus gründlich schief. Ja, Jesus musste seine Jünger vor den Soldaten schützen. Als die Frauen später über Jesus auf dem Weg nach Golgatha weinte, da gebot er ihnen Einhalt und sagte: „Töchter Jerusalems, weint nicht um mich sondern um euch und eure Kinder.“
War es denn trotzdem richtig, das seine Bekannten weitab standen und zusahen? Das wichtigste, was Lukas hier betont, ist die Tatsache, das sie Augenzeugen wurden, so wie auch alle anderen zuvor genannten Personen. Und er betont das immer wieder um die Glaubwürdigkeit zu unterstreichen. Die Kreuzigung ist nicht in einem stillen Winkel passiert, sondern in aller Öffentlichkeit, am ehesten konnten es die Feinde bezeugten, zum Schluss aber auch alle seine Bekannten, die von ferne standen und zusahen.
Und der zweite Grund, warum sie weit abstanden, war, das sie damit klar zum Ausdruck brachten, das sie nicht zu der blutrünstigen Meute gehörten, das sie nicht da waren, wo die Spötter waren und das sie in den Rat der Obersten nicht eingewilligt hatten.
› Das Kreuz schafft eine Distanz zum alten gottlosen Leben.
› Das Kreuz trennt vom sündigem Verhalten.
› Das Kreuz scheidet die Schafe von den Böcken.
› Das Kreuz trennt die gesamte Menschheit in zwei Gruppen.
Und darum wird jedes menschliche Leben nachdem beurteilt werden, wie es zum Kreuz gestanden hat.
Zu welcher Gruppe gehörst du? Das Kreuz offenbart uns unsere Sünde, aber es zeigt uns auch die Vergebungsbereitschaft und Menschenliebe des Retters. Am Kreuz können wir heute die Vergebung unsere eigenen Schuld erleben und den anbeten und verherrlichen, der an unserer statt gestorben ist, indem wir im Gebet ihm sagen, wer er für uns ist! Und indem wir mit ihm auch über alles reden, was unser Herz erfüllt.
Ich frage dich nicht, ob du irgendwann mal eine Entscheidung für Jesus getroffen hast, sondern wie du heute zu Jesus stehst! Ist da etwas in deinem Herzen, das zwischen Jesus und dir steht, von dem du dich nicht trennen kannst? Eine ungeklärte Schuld? Eine heimliche Leidenschaft? Etwas, das du vor anderen und vor Jesus verheimlichst? Ist da Groll oder Verachtung gegenüber anderen Menschen? Bitterkeit gegenüber anderen Christen, die dir weh getan haben? Ist dein Herz lau geworden? Leidest du vielleicht auch unter Schmerzen und bist du deswegen vielleicht wütend auf Gott?
Gebet bedeutet, Jesus die Tür zu deinem Inneren zu öffnen und ihn in deine Not hereinzulassen. Einmal inne zu halten vor dem Kreuz des Erlösers. Diese Dinge oder was immer es ist, müssen nicht zwischen dir und Jesus bleiben. Er ist dir so nahe wie ein Gebet, so nahe wie dem Schächer, der neben ihm hing, auch wenn du dich weiter von ihm und vom Kreuz entfernt hast als die Jünger. Jesus wartet vor dem Kreuz auf dich, was bedeutet, das er dir Gnade schenken wird, wenn du zu ihm kommst. Nichts verändert uns so sehr wie die Gnade Jesu, die wir da erleben wo wir mit ihm ins Reine kommen.
Die Gnade hat nicht nur die Sünde in ihren Wurzeln getroffen,
sondern sie verwandelt auch den Sünder aus einem Fluch in einen Segen,
aus einer sittlichen Plage in einen Kanal göttlicher Barmherzigkeit,
aus einem Abgesandten Satans in einen Boten Gottes,
aus einem Kind der Finsternis in einen Sohn des Lichts,
aus einem selbstsüchtigen Vergnügungsmenschen in einen sich selbst verleugnenden Freund Gottes,
aus einem Sklaven hässlicher Lüste und Begierden in einen willigen Diener Christi,
aus einem kalten, engherzigen Geizhals in einen freigiebigen Diener der Not seiner Mitmenschen.
C.H. Mackintosh